Reha-Management für eine gute Perspektive
Wir kombinieren Case Management mit aktiver Netzwerkarbeit.
Erfahrene Reha-BeraterInnen lotsen schwer verunfallte oder erkrankte Menschen durch das Versorgungssystem zur medizinischen, beruflichen und sozialen Rehabilitation. Ganz gleich, wie lang dieser Prozess auch dauern mag.
Der Artikel hierunter zeigt auf, wie positiv sich die durch Netzwerkarbeit ermöglichten, unterschiedlichsten Reha-Maßnahmen auf das Wohl des Patienten auswirken.
Frank R. war 17 Jahre alt, als er 2007 mit seinem Bruder und seinen Eltern auf Inlineskates unterwegs war. Ein Auto raste in die Gruppe. Sein Bruder und seine Mutter verstarben, sein Vater und er blieben schwer verletzt zurück. Frank R. litt unter schwersten Verletzungen von Hirn und Lungen, und war bei allen Aktivitäten des täglichen Lebens vollständig auf professionelle pflegerische Versorgung angewiesen. Die Akutversorgung fand im nahegelegenen Krankenhaus statt.
Unmittelbar nach dem Unfall stellte die Versicherung des Unfallverursachers Frank R. eine Reha-Beraterin zur Seite. Sie war damit beauftragt, die medizinische, soziale und berufliche Rehabilitation zu organisieren und zu steuern.
Sie sorgte zunächst für die optimale Versorgung des Geschädigten in allen Belangen. Dafür klärte sie zunächst die Fragen, die sich Betroffenen nach einem schweren Unfall stellen, so z.B.:
- Welcher Kostenträger zahlt die Heilbehandlungen nach dem Krankenhausaufenthalt?
- Welche Leistungen stehen mir zu und wo stelle ich bis wann entsprechende Anträge?
- Wie und wo finde ich einen guten Facharzt, den geeigneten Therapeuten, eine gute ambulante Rehabilitationseinrichtung, einen qualifizierten Pflegedienst?
- Wer baut meine Wohnung barrierefrei um und wer trägt die Kosten?
- Werde ich meine berufliche Tätigkeit wieder aufnehmen können?
- Wovon leben wir in der Zwischenzeit?
Zusammen mit dem Geschädigten, seiner Familie, den behandelnden Ärzten und Therapeuten des Krankenhauses wurde eine Anamnese durchgeführt und die Ist-Situation objektiv geklärt, um die Möglichkeiten des Betroffenen sowie notwenige Maßnahmen zu erarbeiten.
Der entwickelte Serviceplan enthielt neben der Reha-Planung auch konkrete Zielvereinbarungen, die sich an den zu dem Zeitpunkt festgestellten Bedürfnissen und Möglichkeiten des Geschädigten orientierten.
Für die Leistungen, die über den Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung hinausgingen, gewann die Beraterin zeitnah entsprechende Kostenträger. Weiter vermittelte sie nun genau die Angebote, die für die Genesung des Geschädigten bei seinem aktuellen Gesundheitszustand förderlich waren.
Dies bedeutete zunächst seine Verlegung vom Akutkrankenhaus in eine neurologische Reha-Klinik, wo der Patient von September 2007 bis Mai 2008 intensiv orthopädisch und neuropsychologisch behandelt wurde. Die entsprechende Kostenzusage holte die Beraterin bei der Haftpflichtversicherung ein.
Mitte Mai 2008 wurde Frank R. nach Hause entlassen. Aufgrund seiner noch erheblichen neuropsychologischen Defizite, organisierte seine Reha-Beraterin innerhalb ihres Netzwerkes schon frühzeitig die zeitnahe Aufnahme in das nahegelegene, ambulantes Reha-Zentrum. Hier wurde ein individueller Reha-Plan für Frank R. erstellt.
Vorrangiges Ziel war es, den Geschädigten so zu therapieren, dass er im Rahmen seiner Möglichkeiten seinen Alltag zusehends selbstständiger gestalten konnte. Dies bedeutete gleichzeitig, ihn auf seine berufliche Integration vorzubereiten.
Seine ambulante Rehabilitation verlief sehr vielversprechend, wenn auch Ende Mai 2009 noch immer neuropsychologische Defizite verzeichnet wurden. Um sie den Betroffenen transparent zu machen, wurden diese Defizite in einem gemeinsamen Gespräch zusammen mit seinem Vater sowie mit den Partnern des Reha-Netzwerks thematisiert.
In dieser Zeit sank die Motivation des Geschädigten, weshalb der Rehabilitationsplan an seine aktuelle Situation angepasst wurde.
Für ein Höchstmaß an Normalität startete Frank R. im Juni 2009 seine Kombi-Rehabilitation. Sie verband seine ambulante medizinische Therapie mit einer Arbeitstherapie in der ansässigen Werkstatt für Arbeitstrainings. Durch seine Arbeitserprobung, die auch eine Lerndiagnostik mit entsprechenden Trainingseinheiten beinhaltete, wurde Frank R. sanft in einen kaufmännischen Arbeitsbereich eingeführt.
Um keinen unnötig hohen Leistungsdruck aufzubauen, handelte seine Beraterin für ihn aus, dass seine Arbeitsstunden während der sechsmonatigen Arbeitstherapie nur mäßig erhöht wurden. So konnten auch seine Grenzen der Belastbarkeit besser ausgelotet werden. Der Umfang der ambulanten Rehabilitation wurde entsprechend reduziert.
Bis Ende 2009 fiel es Frank R. immer leichter, seine Aufgaben im kaufmännischen Bereich sowie die im Catering selbständig zu planen und sinnvoll zu koordinieren.
Ende 2009 endete die Arbeitstherapie. Das abschließende Reflexionsgespräch ergab, dass der Geschädigte, trotz stetiger Leistungsfortschritte, weiterhin unter eingeschränkter Lern- und Merkfähigkeit litt. Daher galt es, seine Leistungsgrenzen bezüglich seiner Eigeninitiative, Selbstorganisation und auch bezüglich seiner psychomotorischen Verlangsamung zu beachten.
Daher erschien seine Fähigkeit, einen Ausbildungsberuf zu ergreifen, weiterhin wenig wahrscheinlich. Als realistisch hingegen wurde die Aufnahme einer angelernten Hilfstätigkeit an einem integrativen Arbeitsplatzeingestuft.
Das gemeinsam definierte Ziel war, dass Frank R. zunächst an drei Tagen jeweils maximal vier Stunden arbeiten sollte. Eigene berufliche Wünsche und Perspektiven konnte der Geschädigte zu diesem Zeitpunkt noch nicht formulieren.
Angestrebt wurde nun eine längerfristige berufliche Perspektive, günstigstenfalls an einem Dauerarbeitsplatz. Alle beteiligten Reha-Partner waren sich einig, dass zu dem Zeitpunkt ein integrativer, passgenauer Arbeitsplatz auf dem zweiten Arbeitsmarkt das Beste für Frank R. sei.
Januar und Februar 2010: Als realistisches Fernziel wurde ein Arbeitsalltag von fünf Tagen à vier Stunden erörtert. Um die Zeit bis zur Arbeitsaufnahme zu überbrücken, initiierte die Beraterin für Frank R. eine berufliche Rehabilitationsmaßnahme in der Einrichtung RehaAktiv.
Der Abschlussbericht dieser Maßnahme ergab, dass das Ziel einer Ausbildung auf niedrigschwelligem Niveau, wie etwa zur Fachkraft für Bürokommunikation, nun doch durchaus verfolgt werden könne.
März bis Juli 2010: Frank R. absolvierte ein weiteres Praktikum. Dieses Mal bei seiner heimatlichen Stadtverwaltung. Um den erfolgreichen Verlauf des Praktikums sowie auch der späteren Ausbildung zu gewährleisten, involvierte die Beraterin kurzfristig einen Job-Coach.
Auch im Bereich der sozialen Rehabilitation konnte Frank R. große Fortschritte verzeichnen.
Im April 2010 bestand er trotz seiner noch immer vorhandenen neuropsychologischen Defizite die theoretische wie auch die praktische Führerscheinprüfung. Fortan war er mobil und unabhängig, z.B. um zum Praktikumsplatz zu gelangen.
Ab Mai 2010 reichte Frank R. eine wöchentliche Physiotherapie, um seine körperlichen Fähigkeiten weiter zu stabilisieren. Um seine kognitiven Fähigkeiten zu stabilisieren, reichte ihm eine neuropsychologische Einheit pro Monat.
Im Juli 2010 entwickelte das Reha-Beraterteam zusammen mit Frank R. und RehaAktiv ein auf ihn abgestimmtes Ausbildungsprogramm. Er wünschte sich eine Ausbildung im kaufmännischen Bereich, auch wenn sie vielleicht um sechs bis zwölf Monate verlängert werden müsste. Mittlerweile konnte er sehr wohl Neues erlernen, benötige dafür jedoch mehr Zeit. Schulische Grundlagen, beispielsweise in Mathematik, waren auf Hauptschulniveau vorhanden. Aufgrund der reduzierten Lern- und Merkfähigkeit benötige er intensive Wiederholungen und gute Gedächtnisstrategien.
Als nächsten Schritt akquirierte die Reha-Beraterin über ihr regionales Netzwerk eine Praktikumsstelle im Büro eines Baumarktes. Hier sollte bis Ende September 2010 seine Belastbarkeit in einem fünfstündigen Arbeitsalltag erprobt werden.
Im Laufe des Praktikums stellte der Geschädigte für sich fest, dass eine kaufmännische Ausbildung für ihn doch nicht das Richtige sei. Vielmehr wünschte er sich nun, seine zwischenmenschlichen Fähigkeiten auch beruflich zu nutzen. Dazu wollte er im Gesundheits- und Sozialwesen Fuß fassen.
Daher wurde sein Reha-Plan erneut angepasst und das gesamte Reha-Team setzte sich in seinem jeweiligen Netzwerk dafür ein, Frank R. eine zwei Jahre dauernde schulische, von Praktika begleitete Ausbildung an der Berufsfachschule für Sozialhelfer zu verschaffen.
Sie startete im September 2010 und verlief in jeder Hinsicht äußerst positiv. Mit seinen ersten Erfolgen stabilisierte sich das Selbstwertgefühl des jungen Geschädigten kontinuierlich. Seinen Abschluss als Sozialhelfer schaffte er mit Bravour. Seine berufliche Rehabilitation galt als abgeschlossen. Seine Beraterin stand ihm noch so lange zur Seite, bis er auf dem ersten Arbeitsmarkt eine Anstellung fand.
Durch die nahe Begleitung konnte die Beraterin von Frank R. jeden Unterstützungsbedarf zeitnah erkennen, seinen Reha-Plan anpassen und über ihr Netzwerk entsprechende Maßnahmen einleiten.
Der intensive Austausch mit dem Geschädigten sowie die frühzeitige, konsequente Steuerung eines jeden Rehabilitationsprozesses, der durch ein hochaktives, regionales Netzwerk gestützt wird, führen nachweislich zu nachhaltig besseren Ergebnissen. Frank R. z.B. erreicht letztendlich mehr, als zu Beginn seiner Rehabilitation angenommen.